Retrospektiven: aus dem gemeinsam Erlebten lernen
Ständige Verbesserung und gemeinsames Lernen ist eine zentrale Eigenschaft von Scrum und agilen Methoden.
Ständiges Lernen meint, dass nicht erst in einem Debriefing nach Projektschluss eine Rückschau auf die gesamte, vielleicht monatelange Zeit geschieht — sondern ständig und regelmässig in der Kadenz der sich wiederholenden Abläufe.
Eine Retrospektive geschieht nach jedem Sprint.
Diese ergebnisoffene Rückschau geschieht im Entwicklungsteam und ohne Stakeholder. Scrum / Agile Master moderieren Retrospektiven. Die Voraussetzung ist eine gemeinsame Arbeitsebene und damit Vertrauen oder Psychological Safety: sicher sein zu können, dass man auch kritische Dinge (in anschlussfähigem Ton und Form natürlich!) sagen kann ohne persönlich angegangen zu werden.
Es geht in Retrospektiven nicht um Leistungsbeurteilungen oder Schuldzuweisungen sondern um Zusammenarbeit, um methodische oder technische Verbesserungen.
Welche Fragen können in einer Retro behandelt werden?
- Wofür haben wir mehr/weniger Aufwand gebraucht als gedacht und warum?
- Welche Techniken können wir wie verbessern, welche neuen Techniken bieten sich an?
- Was hat die Zusammenarbeit im Entwicklungsteam behindert?
- Was war besonders gut für unsere Zusammenarbeit?
- Welche äusseren Störungen haben uns abgelenkt und wie können wir das verhindern?
- Welche Unterstützungen haben wir von ausserhalb des Entwicklungsteams erfahren? Können wir das verstärken?
Ein wesentliches Ergebnis der Retrospektiven sind Prozessverbesserungen, die sich eventuell sogar auf die ganze Organisation auswirken.
Scrum/Agile Master moderiert die Retrospektive. In der Moderation sollten Probleme und Ursachen benannt werden und ergebnisoffene Lösungen besprochen werden.
Wie laufen Retros ab?
Für Retrospektiven gibt es viele Formate und Tipps zur Variation.
Eine typische Retro kann so geschehen:
Check-In
Die Gruppe aus dem Alltag lösen mit einem Spiel oder Check-In Fragen:
»Wie ist Deine Stimmung gerade? Mad, Sad, Glad, Afraid?«
Jede:r kann ein paar Sätze sagen, nicht zu lang — es geht darum, die subjektive Atmosphäre mit den anderen zu teilen.
Experimente auswerten
Wenn in der letzten Retro Experimente zu Veränderungen gestartet wurden: was kommt heraus? Wurde etwas erfahren oder gelernt, das vorher nicht da war? Was genau ist das?
Beobachtungen sammeln
Der Agile/Scrum Master hat die Gruppe beobachtet und vielleicht Hinweise auf mögliche Verbesserungen oder Reibungsstellen. Die Gruppe kann Haftnotizen nutzen um ihre eigenen Beobachtungen zu geben. Es geht nicht um die Bewertung des Beobachteten, nur um die Beobachtung und Feststellung, was war.
Ist genug gesammelt, wird gemeinsam bewertet. Am Besten geht das reihum und jede:r kann Stellung nehmen. Gibt es Muster oder strukturelle Gemeinsamkeiten? Kann Einvernehmen hergestellt werden?
Kreative neue Experimente ausdenken
Wahrscheinlich kann sich die Gruppe auf einige gemeinsame Beobachtungen und Umstände einigen, die verbessert werden sollten. Wie kann das gelingen, wie kann ein neues Experiment aussehen? Agile/Scrum Master können unterstützen um in kleinen Schritten neue Veränderungen anzuregen.
Die Gruppe einigt sich auf die wichtigsten Punkte und ein, zwei Experimente für den nächsten Sprint: was wollen wie und mit welchen Mitteln ändern und besser zu machen versuchen?
Wrap-Up, Zusammenfassung
Wie das Check-In die Retro beginnt, endet sie mit einer Zusammenfassung. Agile/Scrum Master beschliesst die Retro und fasst die kommenden Experimente zusammen. Es hilft, wenn dieser gemeinsame Beschluss kurz verschriftlicht und im Teamroom platziert wird — sonst geht es schnell verloren.
»Hat sich diese Retro für Euch gelohnt?« kann die Veranstaltung beenden. Jede:r kann, muss nicht antworten. Für den Agile/Scrum Master ist das hilfreich, das Format zu variieren.