Scrum ist allerdings ein Rahmenwerk unter anderen und nicht das Synonym für ‘Agilität’.
Agilität in drei Perspektiven
Agilität ist ein generischer Begriff und lässt sich aus mindestens drei Perspektiven beschreiben:
als Außensicht auf ein Unternehmen
ist Agilität die Fähigkeit, Veränderungen zu erkennen (z.B. Störungen am Markt, veränderter Kundenbedarf) und schnell darauf zur reagieren.
als Binnensicht auf ein Unternehmen
ist Agilität die Fähigkeit, kurzfristig die Richtung zu ändern und gleichzeitig weiterhin effektiv und zuverlässig Wert zu schaffen. Das zielt auf operative Einheiten wie Teams und Abteilungen.
als Kultur einer Organisation
ist Agilität ein Ermöglichen von guter und inspirierter Wissensarbeit. Aufbauend auf Werte wie Respekt, Transparenz und Vertrauen entsteht ein kreatives, offenes, angstfreies und synchronisiertes Arbeitsumfeld, in dem sowohl Einzelne wie das Unternehmen gewinnen.
‘Agil’ ist …
… eine Kultur, beschrieben durch Werte und Prinzipien und umgesetzt und beobachtbar durch Praktiken, Strukturen und Prozesse, die zu den Werten und Prinzipien passen.
Es geht also um beides: agil zu sein (Haltung, mindset, Werte) und agil zu handeln (Prinzipien, Praktiken).
Eine Kultur sind Glaubenssätze, Überzeugungen, Grundannahmen, mentale Modelle, die eigene Sicht auf die Welt z.B. ‘Die Führung von Wissensarbeitern gelingt nur mit Vertrauen’ oder ‘Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser’. Dieses Verhalten wird geprägt durch Erlerntes, Erfahrungen, das Umfeld und die eigene Offenheit.
Die Organisations- oder Unternehmenskultur ist eine kollektive Haltung. Änderungen in der Organisation, ihrer Struktur und der Regeln bedeuten immer auch eine Änderung der individuellen Haltungen und des persönlichen Verhaltens. Führungskräfte haben eine besondere Rolle.
Agile Werte und Prinzipien lassen sich auf das Agile Manifest zurückführen: Kundenorientierung, Flexibilität, Transparenz, Selbst-Organisation.
Nicht gemeint sind damit motivationale Aussagen auf Postern in langen Fluren — sondern handlungsleitende Werte und Prinzipien.
Im Unternehmenskontext wird ‘agil’ oft auf das ‘Tun’ beschränkt (z.B. die Anwendung der Rollen, Events und Artefakte von z.B. Scrum). So entsteht eine Fassade, die vielleicht auf den ersten Blick ‘irgendwie agil’ aussieht, es aber im kulturellen Sinne nicht ist. Zentral für den Erfolg und die Glaubwürdigkeit einer agilen Transformation ist es, publizierte agile Werte und Prinzipien authentisch zu leben und mit den im Arbeitsalltag gelebten Praktiken in Einklang zu bringen.
Reflexionsfragen
Eine offene Frage: Wie unterscheidet sich die hier verwendete Begriffsbeschreibung zu Ihrem persönlichen Verständnis und Erfahrungshorizont? Was fehlt Ihnen?
Versuchen Sie bitte, Ihre Ergänzungen schriftlich zu formulieren.
Das agile Umfeld mit seinen strukturellen, prozessualen und kulturellen Veränderungen verlangt von Mitarbeitern und Führungskräften eine Abkehr von vielen bisherigen Denk- und Verhaltensmustern. Was bedeutet das aus Ihrer Sicht für die Mitarbeiter? Welchen Anforderungen ist der Mitarbeiter in einem agilen Umfeld konfrontiert?